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Die facettenreiche Welt der Sensitivität: Warum unsere Empfindlichkeit uns prägt

Autorenbild: Thomas  Laggner Thomas Laggner

Was bedeutet Sensitivität?

Sensitivität beschreibt die Fähigkeit von Menschen, Informationen aus ihrer Umgebung wahrzunehmen und zu verarbeiten. Dabei variiert diese Eigenschaft stark von Person zu Person. Einige Menschen nehmen feinste Veränderungen in ihrer Umwelt wahr und reagieren darauf, während andere robuster sind und weniger empfindlich auf äußere Einflüsse reagieren.



Empfindlichkeit umfasst zwei Hauptkomponenten:

  1. Sensorische Wahrnehmung: Dies bezieht sich auf Reize wie Geräusche, Gerüche, Geschmack oder Berührung.

  2. Kognitive Verarbeitung: Hier geht es darum, wie tief und intensiv Erlebnisse reflektiert und verarbeitet werden.

Obwohl jeder Mensch in gewissem Maße sensibel ist, zeigt die Forschung, dass Sensitivität entlang eines Spektrums verläuft. Etwa 30 % der Menschen sind wenig sensibel, 40 % mittel sensibel und 30 % hochsensibel.


Hochsensibilität – Stärke oder Schwäche?

Hochsensible Menschen, oft als „Orchideen“ bezeichnet, benötigen optimale Bedingungen, um zu gedeihen, zeigen jedoch unter günstigen Umständen ein außergewöhnliches Potenzial. Sie profitieren besonders stark von positiven Erfahrungen und zeigen oft ausgeprägte Empathie, Kreativität und ein hohes Bewusstsein für Details. Gleichzeitig sind sie anfälliger für Stress und negative Erlebnisse, was sie in schwierigen Situationen als weniger belastbar erscheinen lassen kann.

Im Gegensatz dazu werden Menschen mit niedriger Sensibilität häufig mit „Löwenzahn“ verglichen, da sie robust und anpassungsfähig sind. Allerdings reagieren sie weniger stark auf positive wie auch negative Erfahrungen.

Die mittlere Gruppe, manchmal als „Tulpen“ bezeichnet, liegt zwischen diesen Extremen und kombiniert Eigenschaften beider Seiten.


Die Wissenschaft hinter der Sensitivität

Moderne psychologische Theorien fassen Sensitivität unter dem Konzept der Umweltsensitivität zusammen. Dieses Modell integriert verschiedene Ansätze wie die Theorie der hochsensiblen Personen (HSP) oder die Metaphern von Orchideen und Löwenzahn. Wissenschaftlich belegt ist, dass Sensitivität durch eine Kombination aus genetischen Faktoren und Lebenserfahrungen entsteht.

Studien zeigen, dass etwa 50 % der Unterschiede in der Sensitivität genetisch bedingt sind, während die restlichen 50 % auf Umwelteinflüsse zurückzuführen sind. Hochsensible Menschen zeichnen sich durch neurobiologische Besonderheiten aus, die ihre Wahrnehmung und Reaktion auf Umweltreize beeinflussen.


Sensitivität im Lebensverlauf

Die Entwicklung von Sensitivität beginnt bereits im Mutterleib. Forschungsergebnisse zeigen, dass manche Föten stärker auf äußere Reize wie Geräusche oder den Stress der Mutter reagieren als andere. Im Kindesalter äußert sich Sensitivität oft durch intensivere emotionale Reaktionen, höhere Reizbarkeit oder Vorsicht gegenüber Neuem.

Interessanterweise können sowohl positive als auch negative Erfahrungen die Ausprägung der Sensitivität beeinflussen. Kinder, die in einem unterstützenden Umfeld aufwachsen, entwickeln häufig ein besseres soziales Verständnis und eine gesteigerte Kreativität. Hingegen können belastende Umstände die Sensitivität in Verbindung mit psychischen Herausforderungen bringen.


Vorteile der Hochsensibilität

Hochsensible Menschen besitzen einzigartige Stärken. Sie zeigen:

  • Hohe Empathie: Sie können sich besonders gut in andere hineinversetzen.

  • Kreativität und Ästhetik: Sie schätzen Schönheit und bringen oft innovative Ideen hervor.

  • Detailwahrnehmung: Ihre erhöhte Sensibilität lässt sie Feinheiten wahrnehmen, die anderen entgehen.

In Berufen, die Beratung, Coaching, Wissenschaft oder künstlerisches Arbeiten erfordern, glänzen hochsensible Menschen durch ihre besonderen Fähigkeiten.


Herausforderungen und kulturelle Unterschiede

Ob Sensitivität als Stärke oder Schwäche wahrgenommen wird, hängt auch von kulturellen Normen ab. In westlichen Gesellschaften, die oft Durchsetzungsvermögen und Robustheit betonen, kann Hochsensibilität als Schwäche erscheinen. In anderen Kulturen, wie in Teilen Asiens, wird Sensibilität hingegen oft als Tugend geschätzt.


Sensitivität und psychische Gesundheit

Hochsensibilität ist keine psychische Störung, sondern ein Spektrum menschlicher Eigenschaften. Allerdings können extreme Ausprägungen der Sensitivität das Risiko für psychische Erkrankungen wie Angststörungen oder Depression erhöhen, insbesondere wenn negative Lebenserfahrungen hinzukommen. Gleichzeitig profitieren sensible Menschen überdurchschnittlich stark von psychotherapeutischen Interventionen oder positiven Erlebnissen.


Fazit: Sensitivität als wertvolle Eigenschaft

Sensitivität ist eine der Grundpfeiler menschlicher Vielfalt. Sie macht uns nicht nur einzigartig, sondern trägt auch zur Anpassungsfähigkeit und Weiterentwicklung unserer Gesellschaft bei. Die Forschung zeigt, dass Hochsensibilität sowohl Herausforderungen als auch immense Chancen mit sich bringt. Wer diese Eigenschaft bewusst wahrnimmt und in unterstützenden Umfeldern fördert, kann sie zu einer großen Stärke entwickeln.


Zum wissenschaftlich fundierten Test:




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