🌱 Die sieben Prozessstufen der Personzentrierten Psychotherapie nach Carl R. Rogers
- Thomas Laggner
- 9. Nov. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Wer war Carl R. Rogers?
Carl Ransom Rogers (1902–1987) war ein US-amerikanischer Psychologe und Begründer der klientenzentrierten bzw. personzentrierten Psychotherapie, einem der einflussreichsten Ansätze der humanistischen Psychologie. Im Zentrum seiner Theorie steht das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte des Menschen. Der Therapeut ist dabei nicht "Behandler", sondern empathischer Begleiter, der eine Atmosphäre schafft, in der sich das Individuum frei entfalten kann.
Grundprinzipien der personzentrierten Therapie
In der personzentrierten Haltung geht es darum, dem Gegenüber auf drei Ebenen zutiefst menschlich zu begegnen:
Kongruenz (Echtheit)
Empathie (einfühlendes Verstehen)
Unbedingte positive Wertschätzung
Diese Grundhaltung ist keine Technik, sondern eine innere Entscheidung: Ich begegne dir mit offenem Herzen – nicht mit einem Werkzeugkoffer.
Der therapeutische Veränderungsprozess
Rogers beschrieb in seiner „Theorie der Psychotherapie“ sieben Prozessstufen, die ein Mensch im Rahmen einer gelingenden Therapie durchlaufen kann. Diese Stufen sind keine lineare To-do-Liste, sondern ein fluides Geschehen, das Orientierung gibt und Entwicklung sichtbar macht.
🌀 Die sieben Prozessstufen nach Carl R. Rogers – verständlich erklärt
1.–2. Stufe: Psychische Erstarrung
Das Erleben der Person ist stark verzerrt, rigide und ich-fremd.
Gefühle werden nicht wahrgenommen oder vollständig unterdrückt.
Die Wahrnehmung von sich selbst und der Umwelt ist starr und schematisch.
„Ich weiß nicht, was ich fühle – ich funktioniere einfach.“
3. Stufe: Erste Selbstöffnung
Erste vage Gefühle und Erlebnisse tauchen ins Bewusstsein.
Der Mensch beginnt, über seine Situation zu sprechen, bleibt aber noch auf einer gewissen emotionalen Distanz.
Die Sicht auf sich selbst ist noch stark von äußeren Bewertungen geprägt.
4. Stufe: Rückblickende Selbsterkenntnis
Emotionen werden zunehmend verbalisiert, aber meist rückblickend („Damals habe ich mich wohl schlecht gefühlt“).
Es findet noch keine volle Identifikation mit dem Gefühl statt, oft begleitet von Bewertungen oder Scham.
Erste kognitive Einsichten entstehen.
5. Stufe: Aktuelle Gefühlsverarbeitung
Gefühle werden im Hier und Jetzt erlebt und geäußert.
Der Mensch beginnt, sein inneres Erleben selbstwirksam zu erforschen.
Es entstehen erste tiefere Selbsterfahrungen – oft begleitet von Unsicherheit, Verwirrung und Mut.
6. Stufe: Durchfühlte Transformation
Intensive emotionale Prozesse werden vollständig zugelassen.
Innere Abspaltungen werden bewusst gemacht und integriert.
Das Selbstbild verändert sich, wird authentischer, beweglicher, lebendiger.
7. Stufe: Selbstaktualisierung & Reifung
Emotionen, Selbstbild und Handlungen sind kongruent und integriert.
Es entsteht eine Haltung von Selbstakzeptanz, Lebendigkeit und Bereitschaft, sich immer weiter zu entfalten.
Diese Stufe ist kein Endziel, sondern ein Ausdruck tiefer innerer Freiheit und Entwicklung.
„Ich kann mein Leben gestalten – und ich bin bereit, mich ständig neu zu entdecken.“
💬 Klinische Beobachtungen aus der Praxis
In meiner psychotherapeutischen Begleitung, Thomas, beobachte ich immer wieder, wie sich erste Veränderungszeichensubtil äußern – lange bevor sie bewusst erkannt werden:
Ein tieferer Atemzug
Ein entspanntes Lächeln
Ein plötzliches Durchatmen
Eine neu gewonnene Klarheit im AusdruckSolche Momente sind wertvoll – denn sie weisen darauf hin, dass der Mensch beginnt, sich selbst näher zu kommen.
Noch bedeutsamer ist es, wenn der Mensch selbst erkennt, wie er sich verändert hat: in der Beziehung zu sich selbst, zu anderen, zu seinen Werten und Entscheidungen.
📥 Zusätzlicher Impuls: Rogers’ Originaltext
Hier finden Sie ein PDF mit den originalen Prozessstufen nach Carl Rogers – ein Stück Psychotherapiegeschichte in klarer Sprache:
👉 [Download PDF: „Prozess der Psychotherapie“ nach C. R. Rogers](Link bitte hier einfügen)
✨ Abschließendes Zitat von Carl R. Rogers
„In meinen Beziehungen zu Menschen habe ich herausgefunden, dass es auf lange Sicht nicht hilft, so zu tun, als wäre ich jemand, der ich nicht bin. Ich habe es als höchst lohnend empfunden, einen anderen Menschen akzeptieren zu können.“— Carl R. Rogers


